Der geologische Aufschluss Steinbruch Beutelstein und das Mineralwasservorkommen in der Weinstädter Talaue

Der geologische Aufschluss Steinbruch Beutelstein und das Mineralwasservorkommen in der Weinstädter Talaue

Der Steinbruch Beutelstein liegt morphologisch an einer geologisch-tektonischen Schnittstelle, praktisch am Übergang des Muschelkalks zum Keuper.

200 Millionen Jahre alte Ammoniten
Foto: Wolf Dieter Forster

Außerdem ist er Bestandteil der Landschaftsterrasse, welche den Nordrand der Remsaue des Unteren Remstales bildet. Diese verdankt ihr Entstehen dem Remstalgrabenbruch, der sich vom Hartwald bei Hegnach in Richtung Schorndorf erstreckt und im Zuge der Alpenauffaltung der letzten 100 Millionen Jahre entstand.

Steinbruch Beutelstein (1972)
Foto: Wolf Dieter Forster
Schotterumschlag (um 1980)
Foto: Wolf Dieter Forster

Zwischen Beinstein und Großheppach verläuft die deutlich sichtbare nördliche Bruchkante dieses Grabenbruchs, dem bei uns die Rems folgt, mit Sprunghöhen bis zu 40 m. Das bedeutet, dass im Bereich des Beutelstein-Steinbruchs, wo der Übergang vom Oberen Muschelkalk zum Lettenkeuper sehr schön aufgeschlossen ist, das südlich anschließende Gelände der Talaue entsprechend abgesackt ist. Auf dem Birkel-Areal liegt der Lettenkeuper, also die Schichten von oberhalb des Steinbruchrandes, ca. 10 m unter dem Schwemmland.

Damals wurden die ursprünglich waagerecht abgelagerten Sedimentschichten gekippt, so dass ein allgemeines Schichtenfallen mit einer Neigung von etwa 1 Grad nach Südosten entstand, außerdem ergab sich durch Überdehnung ein verzweigtes Bruchsystem, an dem sich die Rems und ihre Seitenbäche orientierten. Das Schichtenfallen nach Südosten und das Verschieben von wasserdurchlässigen gegen wasserundurchlässige Schichten ist auch die Ursache für das Emporsteigen entlang der Klüfte des Bruchsystems von artesisch gespanntem Wasser. Dieses wurde auf dem unterirdischen Weg von den westlich von uns liegenden Gäuebenen, zum Beispiel durch die Klüfte des Muschelkalks oder Lettenkeuper, mineralisiert und bildet bei uns bis hinunter zum Urgebirge verschiedene Aquifere (Wasserstockwerke).


Die schwarzen Punkte symbolisieren die Lage und Ergiebigkeit der Mineralwasser-Quellen
Prof. Dr. Walter Carlé, Das Mineralwasser-Vorkommen im Remstal zwischen Waiblingen und Schorndorf Rems-Murr-Kreis, Baden-Württemberg, Geologisches Landesamt Baden-Württemberg , 1975

Bevor die Rems 1936/38 zwischen Waiblingen und Großheppach begradigt wurde, gab es mit Schwerpunkt westlich Trappeler, beim Birkelareal und bei Großheppach verschiedene natürlich austretende und erbohrte Mineralquellen mit einer Wassertemperatur von bis zu 17 Grad Celsius. Da durch die Begradigung der Grundwasserspiegel absank, gibt es solche Mineralwasseraustritte nur noch im Remsbett selber zu beobachten, die dann bei Niedrigwasser, zum Beispiel unterhalb des Birkel-Wehrs sichtbar werden oder, wenn bei geschlossener Eisdecke in der Rems Stellen nicht zufrieren.

Auch das oberflächennahe Grundwasser ist in der Remstalaue mineralisiert. In der Remsaue zwischen Trappeler und Großheppach befindet sich eines der größten Mineralwasservorkommen Deutschlands. Außerdem lässt sich in unserer Talaue mineralisiertes Thermalwasser bis hinunter zum Buntsandstein erbohren.


Karte von Prof. Dr. Walter Carlé im Gutachten für Weinstadt von  1979, mit Nordrand Remstalgrabenbruch, Thermalwasser- und Salzsole-Vorkommen

Auf Endersbacher Markung gibt es die Endersbacher Mineralquelle (16 Grad Celsius), die einst am Südufer einer aufgefüllten Remsschlinge knapp westlich des Trappeler entsprang und in einem Schacht gefasst ist, gleich beim nach ihr benannten Quellenweg. Das Grundstück samt Mineralquelle gehörte zuletzt der Remstalquelle Beinstein AG und und ist seit kurzem wieder im Besitz der Stadt. Eine zweite Quelle wurde 1836 auf Geheiß des Endersbacher Gemeinderats bei der Beutelsteinbrücke erbohrt, hatte 17 Grad Celsius, geriet jedoch später in Vergessenheit und ist verschüttet. Auch auf dem Birkel-Areal befindet sich eine Mineralquelle in einem Schachtbrunnen (Wasseranalyse von 1955).

Auf Weinstädter Gebiet gibt es etwa 30 solcher erschlossener, untersuchter und dokumentierter Mineralwasserstellen. Sie sind wichtige Indizien für die flächenhafte Ausdehnung von Mineralwasservorkommen in der Remsaue.

Seit dem Ende der Remstalquellen-Konzession und damit dem Alleinnutzungsrecht der Remstalquellen AG von Tiefenwasser und Energie in der Remstalaue steht Stadt und Bevölkerung Weinstadts ein sich im Dornröschenschlaf befindender kostenloser Bodenschatz in Form von Mineral- und Thermalwasser und Erdwärme zur Verbesserung der Lebensqualität und Prosperität in Weinstadt zur Verfügung.

Gedacht wird hier unter anderem an die mögliche Nutzung von Erdwärme durch unseren städtischen Eigenbetrieb zur Nahwärmeversorgung, zum Beispiel im Blattareal von Großheppach oder auch für öffentliche, gewerbliche und private Nutzungen.

Darüber hinaus ist ein besonderer Projekvorschlag das Anlegen eines Badesees, also eines Naturbades mit Sandstrand, durch Nutzung des oberflächennahen Mineral- und Grundwassers.

Die Seewiesen östlich von Großheppach und alternativ das nördlich der B 29 und westlich des Birkel-Areals liegende Rest-Kalkofengebiet, das Gebiet westlich des Trappeler und Sulzwiesen, jeweils unter Einschluss der Rems, sind planerisch noch zukunftsträchtig, da sie praktisch noch nicht überbaut sind. Damit sind sie jeweils das beste Gelände Weinstadts um den Standortvorteil Rems und Talaue in eine für die gesamte Bevölkerung gestaltete Stadt-Flusslandschaft einbinden zu können.

Dort läßt sich das oberflächennahe Grundwasser durch Ausbaggern als Naturbad nutzen. Zusätzlich kann in geringer Tiefe das überall im etwa 1 km breiten, von West nach Ost verlaufenden Remstalgrabenbruchsystem, artesisch gespannte Mineralwasser im Muschelkalkaquifer erschlossen werden (vergleiche Prof Dr. Carlé, Mineralwasservorkommen im Remstal zwischen Waiblingen und Schorndorf, 1975, Geologisches Landesamt Freiburg).

In größerer Tiefe ließen sich auch tiefer ausgelegte Wasserstockwerke (Aquifere) aus dem Muschelkalk und Buntsandstein, hinunter bis zum Grundgebirge nutzen. Somit käme man in den Besitz der natürlichen Ressource Thermalwasser und Geothermie. Alle 100 m in die Tiefe wird es bei uns etwa 4 bis 5 Grad Celsius wärmer. (Die Geothermische Tiefenstufe liegt bei etwa 1 Grad Erwärmung auf 25 m; ausgehend von 17 Grad Celsius, ist dann das Wasser in 500 m Tiefe etwa 42 Grad heiß).

Da die Mineralbrunnen AG Beinstein mit ihrer einstigen Konzession derlei Projekte in die Tiefe behinderte und auf ihren Privilegien beharrte, sollte sich die Stadt Weinstadt für sich und ihre Bevölkerung die uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit sichern und zwar Mineral- und Thermalwasser, sowie Geothermie nutzen zu dürfen und mit LRA und Geologischem Landesamt in Verbindung treten.

Wichtig zu wissen ist, dass in der Remsaue keine Gipskeuperschichten vorkommen und Überraschungen bei Bohrungen wie einst in Staufen im Breisgau oder in Rudersberg, wo durch Aufquellen des Gipses Gebäudeschäden auftraten, nicht vorkommen können.

In der Remsaue ließe sich ausgehend vom Naturbad Badesee langfristig gesehen ein multifunktionales Badezentrum entwickeln.

Dieser völlig brach liegende Bodenschatz ist es Wert endlich gehoben zu werden.

Wolf Dieter Forster

Fotonachweis: Die Karte zum Mineralwasser-Vorkommen ist die Abb. 7 aus Jahreshefte Geologisches Landesamt Bd. 17 (1975), Prof. Dr. Walter Carlé, Das Mineralwasser-Vorkommen im Remstal zwischen Waiblingen und Schorndorf, Rems-Murr-Kreis, Baden-Württemberg; genehmigt am 14.05.2019 (Az. 2851.3//19_3896).