Heilwasser im unteren Remstal
Bereits aus dem Spätmittelalter (1442) ist überliefert, dass die Bevölkerung den Beinsteiner Salzbrunnen im Gewann Sulzwiesen zur Heilung genutzt hat. Er war der Anbeginn für die späteren Remstalquellen.
In der Oberamtsbeschreibung Waiblingen von 1850 wird vom „Mineralwasser zu Neustadt“ in der Nähe der Rems berichtet. Dort befand sich im 19. Jahrhundert eine Badeeinrichtung „Bad Neustädtle“ genannt: „ Dieses Wasser wird sowohl zum Trinken als zu Bädern verwendet. Die Bäder haben sich seit einer Reihe von Jahren bei Krankheiten des Uterinsystems und solche, die auf allgemeiner Schwäche beruhen, bewährt, werden aber auch mit Nutzen gegen rheumatische, rhachitische und skrophulöse Leiden gebraucht …“
„Die Mineralquelle bei Endersbach in der Nähe der Rems entspringend ist mit keiner Badeanstalt verbunden und wird von den Bewohnern der Umgegend als Heilmittel in ähnlichen Fällen wie die Neustadter benutzt. Das Wasser ist klar, perlt ein wenig und scheint nach dem Gebrauch und einigen chemischen Versuchen auch ähnliche Bestandteile zu besitzen, wie es denn auch aus Muschelkalk entspringt; überdies setzt es Eisenschlamm ab“. (Oberamtsbeschreibung Waiblingen, 1850). Diese Quelle wurde 1836 nach Beschluss des Gemeinderats Endersbach von Bergmann Kurrle in den Auchtwiesen bei der Beutelsteinbrücke ergraben, ihre Mineralbestandteile wurden 1850 analysiert. Das Wasser hatte 17 Grad Celsius.
„Bedauerlicherweise wurde ihr immer weniger Aufmerksamkeit geschenkt und sie wurde im Laufe der Zeit zugedeckt. Versuche im Jahre 1905, sie wieder zu heben, waren erfolglos. Eine unmittelbar in die Rems fließende Mineralquelle, die „Endersbacher Mineralquelle“ genannt, wurde einige Jahre nach Eröffnung des Mineralbads Beinstein im Jahre 1908 mit dem Grundstück im Kalkofen an das Mineralbad Beinstein verkauft.“ (Chronik von Endersbach, 1925). Diese Quelle wurde jedoch nie genutzt, praktisch nur aus dem Verkehr gezogen.
1898 wird in Beinstein erstmals Mineralwasser in Krüge abgefüllt und als Heilwasser verkauft. 1908 entsteht die Remstalquellengesellschaft. Es werden „Natürlich Beinsteiner Kohlensaurer Remsthal-Sprudel, Beinsteiner Heilbrunn und Natürliche Limonaden“ verkauft.
Außerdem entsteht in Beinstein ein Kurbad. „1914 wurden Kureinrichtungen geschaffen, so daß das „Heilbad“ schließlich aus einem Kurhaus mit 30 Betten, einer Trink- und Wandelhalle, einem Badehaus mit sechs Wannenbädern und einem Ruheraum bestand.
Im neu angelegten „Kurpark“ waren drei kleine sechs- und achteckige Gartenhäuser und ebensoviele Halb– und Rundlauben erstellt, die sich zusammen mit zwei schindelgedeckten Schirmdächern um das runde Springbrunnenbecken mit dem ihm vorgelagerten weißen Pavillon gruppierten. Kleine romantische Bachbrücken führten durch die gepflegten gärtnerischen Anlagen mit ihren schmucken Blumenrabatten und Rasenflächen.“ (Beinsteiner Heimatbuch 1986).
Erster Weltkrieg und Inflation setzten den hoffnungsvollen Anfängen eines Bad Beinstein ein Ende. Ein letzter Hinweis auf die sechs Wannenbäder läßt sich für 1940 nachweisen. 1927 übernahm die Mineralbrunnen AG die Gesellschaftsanteile der Remstalquellen GmbH. 1986 hatte die Mineralbrunnen AG eine Stundenabfüll-Leistung von 100 000 Flaschen und ein Volumen von mehr als 100 Millionen Füllungen Jahresausstoß. 2009 folgte dann die Schließung der Mineralbrunnen AG und der Verkauf an einen Bauinvestor.
Nach Auflösung der Mineralbrunnen AG Beinstein 2009 ist nun, aufgrund einer Anregung des Autors, die Stadt Weinstadt wieder im Besitz dieser Quelle samt Grundstücken am Westrand des Trappeler.
Diese „Endersbacher Mineralquelle“ in der Nähe des nach ihm benannten Quellenwegs, befand sich ursprünglich am Südufer einer hufeisenförmigen Remsschlinge und hatte ein Schüttung von 15 l/sec (1934), 1945 waren es noch 6 – 8 l/sec. Der Schüttungsrückgang hatte seine Ursache in der Senkung des Grundwasserspiegels der Talaue durch die Remskorrektion 1936/38. Die Wassertemperatur der „Endersbacher Mineralquelle“ beträgt 16 Grad Celsius, ihr Ruhewasserspiegel liegt bei 2 m.
Seit dem Mittelalter wurde in einem öffentlichen Schachtbrunnen bei der Zehntscheuer, dem Göckelerbrunnen, bereits Mineralwasser erschlossen. Der Brunnen ist als Schwengelpumpe noch sichtbar, leider jedoch außer Betrieb. Das Wasser wird als das beste Wasser Endersbachs gerühmt.
Ein ähnliches Mineralwasser wie entlang der Rems konnte 1971 bei der Endersbacher Jahnhalle entdeckt werden. Es wurde im Endersbacher Mineralhallenfreibad, später Cabrio genannt, von 1973 bis 2008, zum Gesundbaden genutzt. Seither steht Mineralwasser in Weinstadt, das bereits unseren Altvorderen als Heilwasser gedient hat, nur noch für ein paar Zierbrunnen in der Einkaufstraße und für eine Wasserzapfstelle bei der Jahnhalle von Endersbach zur Verfügung. Ein bisschen arg wenig für eine Stadt mit einem der größten flächenhaften Mineralwasservorkommen.
Die ungenutzten kostenlosen Bodenschätze in Weinstadt sind Mineral-, Thermalwasser und Erdwärmenutzung. Ihnen muß in Zukunft die gebührende öffentliche Aufmerksamkeit zuteil werden.
Wolf Dieter Forster